Ihr Brettspielblogger bekommt doch eh alle Spiele kostenlos! WTF?

Von Veröffentlicht am: 08. Juni 2023
Brettspielblogger bekommen alle Spiele kostenlos.
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Letztens habe ich wieder eine Diskussion auf den Social Medias mitbekommen, da kräuselten sich meine Fußnägel auf. Blogger, in dem Falle Brettspielblogger, würden nicht neutral berichten, da sie alle Spiele umsonst von den Verlagen bekommen würden, und somit voreingenommen wären. Zudem würden die Blogger ordentlich Geld für die Berichte bekommen. Daher gäbe es auch so wenige schlechte Berichte über Spiele. Und überhaupt, alles Influenzer.

Puh, erstmal durchatmen.

Wir können zwar hier nur über uns, als kleinen, neuen Brettspiel-Blog berichten, trotzdem sind wir lange genug im Blogger-Leben, wir wissen schon ein wenig, wie die Szene funktioniert. Und die scheint in der Tat ein wenig anders zu ticken, wie in anderen Bereichen des Bloggens. Ich komme ursprünglich aus der Reiseblogger-Szene. Da gehöre ich bis jetzt zur kleinen Menge, ohne Werbung und bezahlte Artikel auf dem Blog. In dem Bereich werden Blogs vermehrt kommerzialisiert und zu Influencer-Plattformen umgebaut. Nur, der Markt dahinter ist auch ein ganz anderer als hier bei den Brettspielen.

Gerade ein neuer Blog, so wie dieser hier, muss auch erst einmal bei den Verlagen bekannt werden. Was meint Ihr denn, was passiert, wenn Blogger wie ich sich bei den Verlagen melden? „Hui, auf Dich haben wir gewartet. Wir senden Dir unsere drölfzehn besten und teuersten Spiele zu, ein Paket Wein dabei und einen Blanko-Scheck!“ – lautet die Antwort eher nicht. Mit ein wenig Geduld und Aufbau von Kontakten kann man durchaus ein paar Vorteile bekommen, diese fallen aber auch nicht vom Himmel. Wer aber meint, es fließe Geld für die Artikel oder man bekommt massenweise Spiele „geschenkt“, der hat eine komplett falsche Vorstellung von der Bloggerwelt.

Allerdings ist die Transparenz ein notwendiger Punkt. Ich weise in unseren Berichten darauf hin, wenn ich einen Presserabatt oder ein Rezensionsexemplar eines Spieles bekommen haben. Das machen auch viele andere Brettspiel-Blogger. Mir fällt das immer wieder auf, wenn ich auf anderen Spieleblogs unterwegs bin.

Ist das so? Gibt es Geld für die Berichte von Spielen?

Hierzu ein klares Nein! Es mag ganz vereinzelt vorkommen, um deutschsprachigen Raum wäre da aber die riesige Ausnahme. Im englischsprachigen Raum mag das etwas anders aussehen, das kann ich nicht beurteilen. Aber was meint Ihr denn, welche Reichtümer die Verlage verdienen, um für Rezensionen, Kritiken und Berichte bezahlen zu können? Mit dem Vertrieb von Brettspielen lassen sich nicht gerade Reichtümer anhäufen, welche dann in kostspielige „Influencer“-Kampagnen gesteckt werden können.

Daher geht mal davon aus, dass 95 % der Kritiken, Berichte, Rezensionen, die ihr über Brettspiele im Netz findet, nicht bezahlt wurden. Rein rechtlich müsste ein solcher Beitrag ohnehin als bezahlte Werbung gekennzeichnet sein.

Bekommen Blogger denn Brettspiele kostenlos?

Ja, das gibt es. Entweder geben die Verlage Rezensionsexemplare kostenlos an Content Creatoren oder die Blogger können Presserabatte bei den Verlagen nutzen. Das geht auch vollkommen in Ordnung und beeinflusst die Berichterstattung über das Spiel nicht. Oft ist nicht einmal eine Pflicht zum Berichten mit dem Rabatt verbunden.

Und schon gar nicht berichte ich ausschließlich positiv über ein Spiel, nur weil es einen Rabatt beim Kauf gab oder mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt wurde. Und Ihr werdet es kaum glauben, das hat auch noch kein Verlag von mir verlangt. Im Gegenteil wird Kritik von dort angenommen, wenn es zum Beispiel um Mängel beim Material oder an der Anleitung gibt. Ich habe  es noch nicht erlebt, dass ein Herausgeber sich darüber beschwert hat, weil ich über die Anleitung oder andere kleine Mängel geschrieben habe.

Warum gibt es dann so wenige negative Berichte?

Das kann ich wieder aus meiner Sicht beantworten. Ich kaufe, auch mit Rabatten, nicht jedes Spiel, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Wenn ich schon vorab sehe, dass mich ein Spiel, ein Thema, eine Mechanik in dem Spiel nicht anspricht, dann kaufe ich das nicht. Selbst ein Rezensionsexemplar würde ich bei einem solchen Spiel ablehnen.

Das Spielen und der Blog hier ist ein Hobby. Da will ich mich nicht mit Spielen beschäftigen, bei denen ich vorab schon weiß, dass sie mir nicht gefallen werden.

Ich habe diese Tage erst die nette Anfrage eines Verlages bekommen, ob ich deren Spiele hier vorstellen möchte. Größtenteils machen die &Write-Spiele, kleine Familienspiele und kleine Partyspiele. Ich habe nett abgesagt, weil es einfach nicht das ist, was ich gerne spiele.

Wenn ich dann mal ein Spiel habe, was mir oder Melli gar nicht gefällt, dann werden wir vermutlich auch nicht großartig darüber berichten. Warum? Weil mir die Zeit dafür zu schade ist. Fotos machen, Texte schreiben, das kostet alles Zeit. Diese investiere ich lieber in Berichte über Spiele, die mir gefallen. Denn auch beim Schreiben möchte ich meinen Spaß haben. Dazu kommt noch, nur weil mir oder Melli ein Spiel nicht gefällt, muss es doch kein schlechtes Spiel sein.

Wir scheue ich aber nicht davor zurück, bei den Spielberichten auch Mängel anzusprechen, die mir nicht gefallen haben. Dabei geht es oft ums Material oder um eine schlechte Anleitung. Solche Dinge spreche ich selbstverständlich an. Dabei ist es dann egal, ob ich das Spiel zum vollen Preis gekauft oder es mit Rabatt bekommen haben.

Wie erkenne ich Werbung bei Bloggern?

Wie kann man aber, als außenstehender, Werbung bei Bloggern erkennen oder ob Geld für einen Bericht geflossen ist. Zugegeben, das ist oft ein wenig schwierig. Rein rechtlich muss ein bezahlter Artikel als „Werbung“ gekennzeichnet sein. Dabei ist es egal, ob es ein Blogbeitrag ist oder ein Video bei YouTube.

Generell kann man aber den Tipp geben, schaut Euch den Blog/VLog mal ein wenig genauer an. Muss der Betreiber seinen Unterhalt mit dem Medium betreiben, kann man davon ausgehen, dass dort viel Werbung zu finden ist. Allerdings ist das im Brettspiel-Bereich wohl die riesige Ausnahme. Die meisten Blogger und Vlogger, die ich selbst auch lese/anschaue, machen das aus Spaß an der Freude. Das sieht in anderen Genres ein wenig anders aus. Gerade bei solchen Bereichen, wo sich viele Influencer herumtreiben, sollte man skeptischer sein. Ich will eigentlich keine Genres nennen, aber Reisen, Beauty und Lifestyle poltern mit gerade so in die Tastatur.

Und genau dieses Influencer-Gedöns hat in den vergangenen Jahren den Ruf der normalen Blogs/VLogs extrem geschadet. Denn fällt mal wieder solch ein Influencer-Blog negativ auf, heißt es direkt „Die Blogger“ sind alle böse. Das ist auch ein Grund, warum viele Blogger es nicht mögen, als Influencer angesprochen zu werden. Ich selbst reagiere da mittelmäßig allergisch drauf. Ja, vielleicht beeinflussen wir auch ein wenig die Kaufentscheidungen unserer Leser:innen, keine Frage. Aber das Ganze in einer anderen Art, wie es die Influencer-Szene tut, wo alles beworben wird, wenn es denn nur Geld bringt.

Bei normalen Blogs, die oft von Menschen in ihrer Freizeit geschrieben werden und Euch eine Menge kostenlosen Content liefern, seid nicht zu kritisch. Selbst wenn dort Affiliate-Links, Werbebanner erscheinen oder Rezensionsexemplare von Spielen besprochen werden, heißt das noch lange nicht, dass die Autoren gekauft sind und nicht neutral berichten. Ich lese selbst ja sehr viele andere Brettspiel-Blogs. Im deutschsprachigen Raum kenne ich keinen, der nicht ehrlich und offen über seine Spielerfahrungen schreibt. Gönnt denen, für die viele Arbeit, die paar kleinen Vorteile, welche sie für ihre Arbeit bekommen.

Letzte Aktualisierung des Beitrages am: 16. August 2023

Danke für das Lesen des Beitrages.

Hinweis: Wenn wir über Spiele berichten, das sind das subjektive (Erst-)Eindrücke, die wir von dem Spiel gesammelt haben. Wir sehen uns nicht als Spielkritiker.

Übrigens: Die Texte auf diesem Blog sind selbst geschrieben und stammen nicht aus einer Text-KI. Allerdings lassen wir inzwischen einige Titelbilder von einer Bilder-KI erstellen. Ihr erkennt diese an den Zauberern, Zwergen oder anderen Wesen, die wir nicht selbst fotografieren können.

Wir freuen uns riesig über Kommentare unter dem Beitrag oder über das hemmungslose Teilen auf den Social Medias.

Herr Tommi "Herr Tommi"Beruflich in der IT unterwegs sind Brettspiele für "Herrn Tommi" die Möglichkeit, einfach mal abzuschalten. Am Abend oder am Wochenende, zusammen mit Frau Melli einfach mal eine Welt retten, einen Zoo aufbauen oder den Mars besiedeln, einen besseren Eskapismus gibt es eigentlich nicht.

Neben den Brettspielen gehören das Radfahren, das Reisen und die Fotografie zu seinen Hobbys. Mehr drüber findet Ihr im Blog www.jansens-pott.de.

4 Kommentare
  1. Désirée 14. Juli 2023 um 08:25 - Antworten

    Lieber Tommi,

    danke für den tollen Beitrag. Ich habe die Diskussion auf Social Media nicht mitgekommen (liegt, vermutlich daran, weil ich lieber blogge, statt mich da herumzutummeln). Aber ich stimme dir voll und ganz zu.
    In 95 % der Fälle bloggen die meisten als Hobby. Ein Grund, warum ich die Brettspielszene so mag und keine Beauty-Bloggerin bin. 😅
    Ich kann nur sagen, ich lese euren Blog sehr gerne, weil er so authentisch ist. Und genau das widerspiegelt, wie ihr das Spiel empfindet. Deswegen Daumen hoch und weiter so.

    Liebe Grüße von euren Bloggerkollegen ;)
    Désirée & Niklas

    • Herr Tommi 14. Juli 2023 um 22:52 - Antworten

      Hi Désirée,

      Danke für den lieben Kommentar. Das Kompliment kann ich nur zurückgeben, bei Dir/Euch lese ich auch regelmäßig vorbei und nicht nur bei #BG2GEHTER-Artikeln.

      Ich mag das hier in der Szene sehr, dass es so locker und „unprofessionell“ zugeht, damit meine ich nicht die Qualität der Blogs. Man spürt doch mehr als in anderen Nischen, dass die meisten einfach mit viel Herzblut über ein tolles Hobby berichten.

      LG Thomas

  2. Eddy 30. Juli 2023 um 09:41 - Antworten

    Diesen Beitrag habe ich mit großem Interesse gelesen. Denn dadurch hast du mich darauf aufmerksam gemacht, dass es im Bereich (Brett-) Spiele tatsächlich keine interessanten Angebote für bezahlte Blogposts gibt. Die Reisebranche ist das krasse Gegenteil, wie du auch schon richtig beschrieben hast.

    Ich halte mal Ausschau nach Anbietern, die bereit sind, Bloggern neben einem Rezensionsexemplar auch ein Honorar zu zahlen, wenn diese ein (neues) Spiel in der Praxis testen und bereit sind, darüber zu berichten.

    Danke also für diese Inspiration!

    Beste Grüße
    Eddy

    • Herr Tommi 30. Juli 2023 um 10:16 - Antworten

      Hi Eddy,

      lange nichts voneinander gehört. Da bin ich mal gespannt, ob Du da fündig wirst. Berichte dann mal.

      LG Thomas

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