Woodcraft – Holz verarbeiten auf Experten-Niveau

Woodcraft ist endlich bei uns eingezogen. In diesem Brettspiel fertigen die Spielenden aus Holz viele verschiedene Dinge, um damit Aufträge zu erfüllen. Was auf der Verpackung und beim Spielmaterial so niedlich aussieht, entpuppt sich beim Spielen als Expertenspiel mit sehr vielen Möglichkeiten. Wie es uns gefällt, wie es sich spielt und warum wir jetzt doch bei der englischen Version gelandet sind, könnt Ihr jetzt lesen.

Woodcraft – Ein Essen-Hype

Woodcraft war eines der Hype-Spiele auf der Spielmesse in Essen 2022. Auch wir hatten es weit oben auf dem Einkaufszettel stehen und konnten es in Essen sogar in den Händen halten. Allerdings nur auf Englisch, das wollten wir nicht haben. Die Regeln sind doch einigermaßen komplex, und sooo gut ist unser Englisch dann doch nicht. Also entschieden wir uns, das Spiel dort nicht zu kaufen und auf die deutsche Ausgabe zu warten.

Jetzt soll genau diese deutsche Ausgabe in den nächsten Tagen/Wochen bei Pegasus erscheinen. Ein sicheres Indiz dafür ist es, wenn das Spiel in deren Shop auftaucht und zudem die deutsche Anleitung zum Download bereitsteht. Tja, und dann waren wir in den letzten Tagen bei einem großen Spiele-Dealer in Essen unterwegs. Frau Melli entdeckte dann dort, bei den Angeboten (!) ein Exemplar von Woodcraft für 40 EUR. Neu, eingeschweißt und auf Englisch. Grund dafür war, dass in der Verpackung ein kleiner Knick war. So könne der Händler das Spiel nicht mehr online verkaufen, wie er uns sagte. Hm, kurz überlegen. 40 EUR, Knick im Karton stört uns nicht, die deutsche Anleitung steht im Netz? Also haben wir zugeschlagen und uns die englische Version dann doch gekauft.

Somit ist also die erste englische Version eines Spiels bei uns eingezogen. Bei Woodcraft betrifft das übrigens wirklich nur die Anleitung, alle Spielmaterialien sind mit Symbolen sprachneutral gehalten.

Worum geht es in Woodcraft?

Die Spieler sind Besitzer einer Holz-Werkstatt, die mitten im Wald liegt. Hier fertigen sie aus Holz verschiedene Gegenstände wie Möbel, Spielzeug, Musikinstrumente oder Dinge für den Alltag. Die Werkstätten können ausgebaut werden, um die Produktivität zu erhöhen. Es können Mitarbeiter eingestellt werden, welche unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen, die bei der Produktion helfen und es können Werkzeuge gelagert werden, welches wiederum weitere Bonis freischaltet.

Gesteuert wird das Spiel durch ein Aktionsrad, von dem der Spieler am Anfang eines Zuges, seine Aktion für die Runde auswählt. Je länger diese Aktion nicht genutzt wurde, desto mehr Boni bekommt man, wenn man diese dann wählt. Das erinnert ein klein wenig an Praga Caput Regni. Verwunderlich ist das nicht, da beide Spiele von Vladimir Suchý stammen. Aber keine Bange, das Aktionsrad ist keine einfache Kopie, es ist grundsätzlich ähnlich, aber doch weiterentwickelt.

Der Rohstoff Holz wird im Spiel durch Würfel dargestellt. Dabei gibt es drei unterschiedliche Arten von Holz, was durch die Würfelfarben gekennzeichnet ist. Die Augenzahl der Würfel gibt an, wie groß das Holzstück ist. Holz kann man entweder auf dem Markt einkaufen, im Wald tauschen oder von einem Ableger im eigenen Topf wachsen lassen.

Die Eigenschaften der Holzwürfel können auf verschiedene Arten manipuliert werden. Sie können in kleinere Teile zersägt werden, sie können mit Leim und Restholzstücken vergrößert werden. In einer weiteren, wertvollen Leim-Aktion können auch zwei der Würfel zu einem großen Würfel zusammengeklebt werden.

Am Ende geht es darum, Kundenaufträge zu erfüllen. Für diese benötigt man immer Holz, und zwar einer oder mehrerer bestimmten Arten (Farbe) mit exakt der richtigen Größe (Augenzahl). Zusätzlich müssen für manche Produkte noch Leim, Restholzstücke oder Sägescheiben genutzt werden. Erfüllt man den Kundenauftrag, so bekommt man eine Belohnung in Form von Geld, welches in dem Spiel Blaubeeren sind, Siegpunkten und/oder Werkzeugen.

Schafft man es in der Zeit zwischen zwei Einkommensphasen nicht, die Aufträge zu erfüllen, so wird die Belohnung geringer. Am Ende können Aufträge sogar in Zeitverzug geraten und man muss eine Strafe zahlen, wenn sie dann erledigt werden. Schafft man Aufträge bis zum Spielende nicht, dann gibt es einen schmerzhaften Abzug beim Ansehen.

Eine Runde in Woodcraft

Woodcraft wird mit zwei oder drei Spielern über 14 Runden, zu viert über 13 Runden gespielt. Dabei ist das Spiel in vier Abschnitte unterteilt, an deren Ende es immer zu einer Wertungsphase kommt. Hier wird Einkommen generiert, je nachdem, wie weit die Spielenden auf der Einkommensleiste für Siegpunkte (Nüsse) und Währung (Blaubeeren) gekommen sind. Zudem werden verbrauchte Werkstattelemente wieder aktiviert (Sägen, Leimen, Holz aufwerten) und der Markt für Aufträge und Personal wird aufgefrischt. Bei der zweiten Wertungsphase werden Aufträge und Helfer durch bessere und stärkere ersetzt, die aber auch teurer sind. Nach der vierten Einkommensphase findet dann noch die Schlusswertung statt.

Der Spielzug in Woodcraft

Zum Beginn einer Runde wählt der Spieler eine Aktion vom Aktionsrad aus und bekommt, wenn die Aktion länger nicht genutzt wurde, zusätzlich ein paar Boni in Form von Siegpunkten (Nüsse), Einkommen (Blaubeeren) oder Material.

Nun kann der Spieler die gewählte Aktion spielen.

• Holz kaufen
• Würfel tauschen
• Material kaufen (Leim, Restholz, Sägeblätter)
• Aufträge nehmen
• Helfer einstellen
• Produzieren und Baum pflanzen
• Werkstatt verbessern

Alternativ kann der auch auf das Ausführen der Aktion verzichten und dafür 3 Blaubeeren als Einkommen einstreichen. Außerdem darf man auch, gegen Bezahlung einer Laterne (die man an verschiedenen Stellen bekommt) eine Aktion wählen um beispielsweise die Bonis einzustreichen, dann aber eine ganz andere Aktion ausführen.

Nach dem Abhandeln einer der sieben Hauptaktionen kann der Spieler dann beliebig oft noch weitere, kostenlose Nebenaktionen durchführen.

• 1x pro Zug Fähigkeit eines Helfers nutzen
• Holz sägen
• Würfel mit Restholz aufwerten
• Holz leimen
• Baum abholzen
• Aufträge erfüllen

Durch die geschickte Kombination von Haupt- und Nebenaktionen können so recht interessante Spielzüge entstehen. Mal ein Beispiel:

Für einen Auftrag werden 2 grüne Würfel mit dem Wert 3 benötigt. Im Werkstattlager liegt aber nur ein grüner Würfel, mit der Größe 4. Mit der Aktion Holz kaufen, wird jetzt ein grüner 2er-Würfel vom Markt gekauft. Dieser wird dann zuerst mit der Aktion Holz leimen mit dem 4er-Würfel aus dem Lager zusammengeklebt. Jetzt hat man einen grünen 6er-Würfel, den man mit der Aktion Holz sägen in zwei 3er-Würfel zersägt und jetzt kann die Aktion Aufträge erfüllen ausgeführt werden.

Einfach, oder? Jedoch hat die Sache einen kleinen Haken. Die Werkstatt-Aktionen, wie Holz leimen, sägen oder aufwerten dürfen nur einmal zwischen zwei Einkommensphasen eingesetzt werden, danach werden die entsprechenden Plättchen gesperrt. Mit der Aktion Werkstatt aufrüsten, können aber weitere Sägen oder Aufwertungsplättchen erworben werden. Günstig sind die aber nicht.

Nach dem Ende des eigenen Spielzuges geht es nun beim nächsten Mitspielenden weiter.

Unser Fazit zu Woodcraft

Uns gefällt das Spiel richtig gut. Das Spiel mit dem Holz, also den Würfeln, und die Herausforderung diese auf die passenden Größen wachsen zu lassen, zu verleimen oder sie zu zersägen, macht riesig Spaß. Das oben genannte Beispiel, wie man einen Auftrag in einer Runde erledigen kann, ist nur einer der möglichen Wege und dummerweise so auch nur einmal spielbar. Dazu kommt, dass im Holzgeschäft generell nie die Holzgröße liegt, die man gerade benötigt (Murphy). Die Auslage im Holzgeschäft ist übrigens der einzige (minimale) Glücksfaktor im Spiel, diese Würfel werden vor der Auslage im Geschäft gewürfelt. Ein anderer Weg, Holz selbst wachsen zu lassen, benötigt halt mehrere Spielrunden Zeit, kann aber auch sehr effektiv sein.

Nebenbei muss man noch darauf achten, dass man auf den Einkommensleisten für Siegpunkte und Einkommen vorwärtskommt und ebenso auf der Ansehensleiste. Letztere wird am Spielende enorm wichtig. Denn im Laufe des Spiels schreitet man auf der Leiste über Meilensteine, welche bei der Abrechnung am Spielende als Multiplikator zählen. Damit wird dann die Anzahl der erfüllten Aufträge multipliziert und damit kann man schnell viele Punkte machen. Steht man dort auf null oder verliert am Spielende Ansehen, durch nicht erfüllte Aufträge, dann bekommt man plötzlich keine Punkte für die erledigten Aufträge. Herr Tommi kann Euch das gerne ausführlich erklären *seufz*.

Zwischendurch erhält man immer wieder Werkzeuge, die nach bestimmten Regeln auf dem Dachboden der Werkstatt gelagert werden müssen. Wenn man das richtig macht, schaltet man weitere, teilweise wertvolle, Bonis frei.

Das alles zusammen macht das Spiel zu einem Expertenspiel. Man muss auf viele Dinge achten, Ressourcen beschaffen, Werkzeuge lagern, Aufträge erfüllen, Werkstatt verbessern, sinnvolle Helfer einstellen und dann auch aktivieren, da wird eine Runde Woodcraft schnell zum Hirnbreaker. Das meinen wir aber im absolut positiven Sinn. Denn genau solche Spiele machen uns riesig Spaß. Ähnlich wie auch bei Praga mögen wir es, viele Wege zum Ziel zu haben, viele Wege zum Sieg oder auch zur grandiosen Niederlage, weil mal wieder kein Plan aufging.

Das Material hat eine schöne Qualität und die Anleitung lässt keine Fragen offen, weder auf Englisch noch auf Deutsch.

Habt Ihr Woodcraft schon gespielt? Lasst uns gerne Eure Meinung oder Eure Eindrücke zu dem Spiel als Kommentar hier.